Rover Freunde Deutschland e.V. 8hp 14_45hp P4 P5 P6 SD1 800

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Der Rover P5 Mk I im Test von "auto, motor und sport" Nr. 2/1959
 
Aus der Nähe betrachtet: Rover 3 Liter von H. U. Wiesemann
 
Wenn von englischen Luxus-Wagen die Rede ist, fühlt man sich oft unsicher in der Beurteilung - wenigstens geht es mir so. Man kennt die meisten Modelle von BMC und der Rootes-Group, man kennt auch noch die Sportwagen von Jaguar, Aston Martin, Bristol, Lotus und Jensen, nicht zu vergessen die Amerikaner in England: Ford und Vauxhall - aber wer weiß hier etwas von den weniger bekannten repräsentativen Marken? Von den Alvis und Armstrong-Siddeley, den Daimler, Bentley und Rover, die in England hochgeschätzt und als das Beste vom Besten angesehen werden?
Präzisieren wir die Frage: wie gut ist der neue Rover 3 Liter? Ich kann sie einigermaßen klar beantworten, seitdem ich kürzlich in Frankreich Gelegenheit hatte, einen Testwagen dieses Typs zu fahren.
 
In England gilt der Rover als der Rolls-Royce des wohlsituierten Bürgers. Er wird vornehmlich von Ärzten und Rechtsanwälten, von Grundstücksmaklern und Angehörigen jener freien Berufe gefahren, die auch in ihrem Auto die strenge Würde ihres Standes, andererseits aber auch wiederum nicht zu viel finanzielle Potenz zum Ausdruck bringen möchten. Aus diesem Grunde sind Armaturenbrett und Fensterrahmen des Rover seit je mit Nußbaumholz verkleidet.
Seit im vorigen Jahre, dem Erscheinen der 3 Liter - Rover, die Gesichter der bisherigen Modelle 60, 75, 90 und 105S dem 3 Liter angeglichen wurden, kann man den Wagen hinsichtlich der Modernität seiner äußeren Erscheinung nicht mehr unbedingt mit einem Trichter-Grammofon vergleichen. Andererseits: was heißt schon modern? Schon immer hat bei den britischen Prestige-Wagen der Akzent auf bequem, gut und zuverlässig gelegen. Der Rover 3 Liter macht hierin keine Ausnahme. Über alles geht die Qualität. 300.000 km Laufleistung mit denselben Kolben sind für einen Rover nichts besonderes. Zunächst einmal die technische Vorstellung: der 3 Liter - Rover-Motor ist ein langhubiger Sechszylinder (77,8 x 105 mm), der entgegen der allgemeinen Praxis im Automobilbau der Welt nicht stehende oder hängende Ventile aufweist, sondern beides. Der Motor ist wechselgesteuert und besitzt hängende, über Stoßstangen und Kipphebel gesteuerte Einlaßventile und stehende Auslaßventile. Nur Rolls-Royce und Bentley haben sich noch dieser Motorkonstruktion verschrieben; ihre Vorteile sind nicht einzusehen.
 
Als ausgesprochenem Langhuber ist dem Rover 3 Liter die Drehzahl zwangsläufig begrenzt, er erreicht seine Höchstleistung bereits bei 4.250 U/min, und obwohl er mit 8,75:1 ungewöhnlich hoch verdichtet ist, beträgt sie nur 117 SAE-PS. Sie dürften etwa 105 PS nach unseren DIN-Normen entsprechen. Die Maximaldrehzahl liegt bei 5.000 U/min. Dieser im übrigen siebenmal gelagerte und ungemein ruhig laufende Motor ist in einer Art Hilfsrahmen gelagert und mit diesem in der selbsttragenden Karosserie aufgehängt. Die Radaufhängung erfolgt an Dreieckslenkern, deren zurückversetzter unterer jeweils auf eine auf Verdrehung beanspruchte Blattfeder arbeitet. Die Hinterräder hängen an einer Starrachse, wobei Blattfedern sowohl die Führung und Aufnahme der Bremsreaktionskräfte übernehmen müssen. An der Karosserie bemerkenswert ist die offensichtliche Mühe, die man sich bei der Geräuschisolierung gegeben hat. Weitgehende Verwendung von Gummi, viel Antidröhnmasse, dicke Innenverkleidung und Teppiche zeigen, daß man hier wahrlich nicht gespart hat. Und das drückt sich dann natürlich auch im Gewicht aus: der leere Wagen wiegt trocken 1.565 kg.
 
Eine recht leistungsfähige Ventilationsanlage holt sich die Frischluft unterhalb der Frontscheibe und bläst sie wirkungsvoll an verschiedenen Stellen des Innenraums heraus. Alle 4 Seitenfenster haben am oberen Rand kleine Plasticschirme; man kann sie auch bei Regen einen Splat weit offenlassen, ohne daß es innen naß wird. Unter dem Armaturenbrett befindet sich ein geradezu riesiges Ablagefach, das die Mitnahme einer kleinen Fachbibliothek ermöglicht, und die Armlehnen an den Vordertüren sind durch einen Druckknopf verstellbar. Hat sich der Passagier auf dem Nebensitz, der durch einen mächtigen Getriebetunnel vom Fahrersitz abgetrennt ist, bequem auf der Lederpolsterung zurechtgesetzt und faßt aus purer Neugier mal unter das Ablagefach, so zieht er eine Schublade heraus, die in Watte verpacktes Qualitätswerkzeug enthält.
 
Auch vom Schalthebel wird er nicht gestört, denn der verschwindet mit einen überraschenden, ganz unkonventionellen Knick irgendwo neben dem Kupplungspedal am Getriebetunnel (Rechtslenkung!). Im übrigen ist nichts getan, um vorspringende Teile im Karosserie-Innern abzuschirmen oder zu polstern, wenn man vom obligaten Schaumgummiwulst absieht, der bestenfalls bei stehendem Wagen vor harten Stößen schützt. Und nun Eindrücke vom Fahren: der Motor springt sofort an und arbeitet so gut wie geräuschlos. Leichtgängige Kupplung, kurze Schaltwege, sehr exaktes Getriebe, dessen Synchronisierung allerdings nicht dem kontinentalen Standard entspricht. Es kratzt trotz Zwischengas bei zu raschem Zurückschalten. Die recht schwergängige Lenkung läßt Schläge durch und arbeitet mit viel Elastizität nicht übermäßig präzise. In den einzelnen Gängen liegen bei dem schon erwähnten Drehzahl-Limit die Geschwindigkeiten nicht sonderlich hoch, versucht man sie zu überschreiten, so kündigen sich bei dem sonst sehr geräuscharmen Motor deutlich die Ventile an. Auf guter, ebener Straße sind Federung und Straßenhaltung bei allen Geschwindigkeiten durch aus im Rahmen, was für alle Wagen mit hinterer Starrachse symptomatisch ist. Ist die Fahrbahn dagegen wellig, so vibriert die Karosserie, bei höherem Tempo schüttelt sie leicht, und auf schlechter Straße springt der Wagen ganz erheblich. Es klappert und scheppert zwar nichts, aber das Fahrgestell ist einfach überfordert.
 
Mir kam das vielleicht besonders deutlich zum Bewußtsein, weil ich am selben Tage auf denselben Straßen den neuen Mercedes-Benz 220 in allen Gangarten dressiert hatte und so einen guten Vergleichsmaßstab besaß. Verglichen mit ihm schneidet der Rover 3 Liter natürlich besonders ungünstig ab. Hier wurde sehr deutlich offenbar, was man bisher an Fahrverhalten noch hinnahm und zukünftig nicht mehr hinnehmen wird - zumindest nicht in dieser Preis- und Größenordnung. Nach Werksangabe liegt die Höchstgeschwindigkeit des Rover 3 Liter mit Normalgetriebe und Laycock - de Normanville - Schnellgang (der allerdings wegen eines Kurzschlusses nicht funktionsfähig war) bei 160 km/st, mit Borg-Warner-Automatic dürfte er die 150 km/st nicht wesentlich überschreiten.
 
Erfreulich waren die Bremsen mit vorn je zwei auflaufenden Backen und Girling-Vakuum-Bremshilfe; sie zogen sehr gleichmäßig und ließen bei mehrmaliger stärkerer Belastung nicht merklich nach. Angesichts des hohen Wagengewichts bei belastetem Fahrzeug dürften sie freilich sportlicher Fahrweise in bergigem Gelände kaum auf die Dauer gewachsen sein.
 
Gesamturteil: gepriesen von der englischen Fachpresse als ein Fahrzeug, das Furore machen wird, sehen wir ihn als einen zuverlässigen, korrekten, hausbackenen Briten - sozusagen im Bowler. Konstruiert von Leuten und gekauft von Kunden, die Postwertzeichen verlangen, wenn sie eine Briefmarke brauchen. Das sind durchaus honorige Menschen.

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