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Menschen bei Rover
Spencer King - Interview "King of BL"
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Anthony Curtis spricht mit Spen King, ehemals Chefingenieur bei BL Cars, und Entwickler so innovativer Wagen wie dem Range Rover.
Erschienen in "Thoroughbred & Classic Cars" im Oktober 1989.
Übersetzt von Michael Peter Börsig

 
Wie viele Menschen, die große Bedeutung auf einem bestimmten Gebiet erlangen, begann Charles Spencer ("Spen") King in jungen Jahren. "Ich erinnere mich, daß ich bereits im Alter von 11 Jahren davon überzeugt war, Ingenieur werden zu wollen", sagt er, obwohl er damals kaum davon geträumt haben kann, Chefingenieur des größten britischen Automobilkonzerns zu werden.
 
Spens Vater war Anwalt und Geschäftsmann. Im engeren Umfeld der Familie gab es keinerlei Anstoß, sich technischen Fragen zuzuwenden. Doch es gab starke verwandschaftliche Verbindungen, nicht zum Ingenieurwesen im Allgemeinen, aber zur Automobilindustrie im Besonderen. Einer der Onkel von Spen King war Spencer B Wilks, Managing Director bei Rover von 1933 bis 1957, der die Firma vor dem drohenden Bankrott rettete, als er seinen Posten übernahm und danach nahezu 30 Jahre lang einen Erfolg an den anderen reihte. Ein anderer Onkel war Maurice Wilks - der Bruder von Spencer B Wilks -, Rovers Chefingenieur von 1931 bis 1957, während sein Cousin Peter Wilks dort von 1964 bis 1971 Technischer Direktor war.
 
Nachdem er im Alter von 16 Jahren die Haileybury School beendet hatte, begann er als Lehrling in der Entwicklungsabteilung bei Rolls-Royce. Nach Abschluß der Lehre war er an der Entwicklung der Dart Gasturbine beteiligt. 1943, als der große Austausch von Technologie und Personal zwischen Rolls Royce und Rover stattfand, fand er sich als Mitarbeiter des hoch talentierten jungen Ingenieurs Frank Bell bei Rover wieder, als die Entwicklung von Gasturbinen für Automobile begann.
Nach Kriegsende führte das Programm zu einer ganzen Reihe experimenteller Gasturbinen-Fahrzeuge, bis die Probleme hoher Fertigungskosten und enormen Kraftstoffverbrauchs gegen Ende der 60er Jahre zum Ende des Programms führten.
 
Rückblickend sieht Spen King ein, daß er und seine Kollegen viel zuviel Zeit in das Unmögliche investierten und daß Gasturbinen als Antrieb für PKW ungeeignet waren. "Das verführerische ist, daß eine ganze Menge Dinge zusammenkommen, die oberflächlich betrachtet viel Sinn machen, aber schon geringe Defizite bei der Brauchbarkeit insgesamt zu hohen Verlusten führen."
 
Doch Spen bedauert diese Phase seines Lebens, die er intensiv genoß, keineswegs. "Ich arbeitete mit brillanten Menschen zusammen, die außergewöhnliche Dinge entwickelten. Und das interessente an Gasturbinen in jenen Tagen war, daß man von Grund auf neu entwickelte - was man tat, beruhte auf reiner Physik und nicht auf vorangegangenen Entwicklungen anderer Ingenieure."
 
Diejenigen, die nach anderen wichtigen Dingen suchen, die Spen beeinflußt haben können, kommen bezüglich der Autos, die er während seiner 45 Jahre in der Automobilindustrie besaß, nicht sehr weit.
Er besaß lediglich drei Wagen - einer davon ist der Golf GTi, den er heute noch fährt. Der erste Wagen, den er sich leistete, war ein Bugatti Typ 40, den er nach dem Krieg für 200 Pfund kaufte. Spen hat den Wagen als "sehr gutes Auto" mit einer höheren Leistung als Nachkriegssportwagen gleicher Kapazität in Erinnerung, er glaubt aber nicht, daß er seine Entwicklerphilosophie sonderlich beeinflußt hat.
Spens zweites Auto, das er von seinem Arbeitgeber Rover kaufte, war einer aus einer Handvoll übriggebliebener Prototypen eines in den frühen 50er Jahren entwickelten neuen Fahrzeugs, das nie in Produktion ging. Es handelte sich um den Road Rover, der mit normalem statt Vierradantrieb als Ergänzung zum Land Rover gedacht war. Er basierte auf einem verkürzten Fahrgestell, das ansonsten für Rovers "Auntie" P4 verwendet wurde. Er hatte eine einfache Aluminiumkarosserie und erreichte dank einer günstigen Getriebeabstufung für die damalige Zeit hohe Geschwindigkeiten.
 
Wie viele andere in der Automobilindustrie auch erledigte Spen den größten Teil seiner Fahrerei in einer langen Reihe von Firmenwagen, für Vergleichszwecke gekauften oder entliehenen Konkurrenzmodellen, Entwicklungsfahrzeugen oder Prototypen. Viele der letzten Gruppe waren von Spen selbst, ganz oder teilweise, entwickelt worden.
 
Einer davon, beispielsweise, was der Rover Special Rennwagen, der nach den Regeln der Formel 2 unmittelbar nach dem Krieg gebaut wurde und den Spen in Verbindung mit Peter Wilks und seinem Freund George Mackie - alle bei Rover beschäftigt - entwickelte. Der Wagen basierte auf einem ausrangierten P3-Prototyp-Chassis, das für 25 Pfund vom Schrott gekauft wurde. Die vordere Radaufhängung basierte auf einem langen oberen und kurzen unteren Dreieckslenker, die für Rennwagen besonders geeignet war. Bereits wenige Ausfahrten im Jahre 1948 zeigten, daß der 1,6-Liter-Motor viel zu wenig Leistung brachte und die schwere Hinterachse ersetzt werden müsse.
Dies war die Stunde von Spen King, der sich besonders intensiv mit hinteren Radaufhängungen befaßt hatte. "Viele Hersteller hatten damals unabhängige hintere Radaufhängungen entwickelt, aber alle waren absolut unbrauchbar. Eine der schlimmsten Konstruktionen waren die Schwinghalbachsen mit der dieser Konstruktion innewohnenden Eigenschaft, das kurvenäußere Rad wegkippen zu lassen."
Die in Spens Augen beste Lösung war es, eine de Dion-Aufhängung zu adaptieren, bei der die Räder stets senkrecht zur Straße stehen. Doch in der üblichen Anwendung bedarf es Antriebswellen mit doppelten Kreuzgelenken und Gleitverbindungen (sliding slines), die die Längenveränderungen bei der Achsbewegung ausgleichen können. Die normalen Gleitverbindungen neigen jedoch zum Sperren, sobald ein großes Drehmoment greift, und Kugelverbindungen (ball splines) wären viel zu teuer.
 
Spens ingeniöse Antwort war ein gekröpftes de Dion-Achsrohr am Ende der vorhandenen Viertelelliptikfedern und die Verwendung von Antriebswellen fester Länge. Die äußeren Enden der Antriebswellen waren in Rollenlagern gelagert und deren Gleitbahnen (Laufrillen) verliefen einfach in den Naben des de Dion-Achsrohrs, um die Winkelkonflikte zu lösen. Die Lösung, die Bremsen innen in die Nähe des Differentials zu rücken, führte dazu, daß das System keine Brems-Torsionskräfte zu bewältigen hatte. Die Reaktionskräfte nach vorn und hinten wurden von den Federn aufgenommen und die Lateralkräfte von den Antriebswellen fester Länge. Das de Dion-Rohr diente nur als unbelastetes Führungselement, und es wurde selbst durch eine zentrale hintere Verlängerung an Ort und Stelle gehalten, während eine vertikale Verbindung es davor bewahrte, unter der Belastung in den Lagern zu verdrehen.
 
Mit dieser Änderung und einer stärkeren Maschine lief der Wagen in der Saison 1949 wesentlich besser, und für 1950 fand man noch eine stärkere Maschine.
Damals hatten Peter Wilks und George Mackie Rover den Rücken gekehrt, um eine kleine unabhängige Firma aufzubauen, die einen kleinen sportlichen Dreisitzer bauen sollte, den Marauder. Dieser basierte - mit voller Unterstützung durch ihren früheren Arbeitgeber - auf Rover-Teilen. Spencer King blieb bei Rover, wurde aber auch Direktor der kleinen Firma und widmete ihr einen großen Teil seiner Freizeit. Dem Projekt war aber kein Erfolg beschieden. Nach dem Bau von schätzungsweise 15 Fahrzeugen wurde die Firma liquidiert.
Doch das Interesse am Rover Special trat in den Hintergrund; der Wagen existiert noch heute, und nach einigen weiteren Verbesserungen am Motor wird er heute sehr schnell und erfolgreich in historischen Rennen von Frank Lockhart, der den Wagen seit über 25 Jahren besitzt, gefahren.
 
Die Anforderungen des wachsenden Gasturbinen-Entwicklungsprogramms ließen Spen King den Marauder und den Rover Special Rennwagen alsbald vergessen. Die erste Rover-Gasturbine, die speziell für den Einsatz in Automobilen entwicklet wurde, leistete 220 bhp und beflügelte 1952 einen modifizierten Rover 75 - den Jet 1 - mit Spen King und Peter Wilks am Steuer auf 152 mph. Man erkannte, daß die hohe Kraftentfaltung, die Größe des Aggregats und die ungewöhnliche Form der Gasturbine nach einem passenden Wagen drumherum riefen, und Spen wollte einen solchen Wagen entwickeln. Dies mußte er in seiner Freizeit tun und zwar zuhause bei Gordon Bashford, einem langjährigen Rover-Ingenieur, dessen Leistungen die Entwicklung des Land Rover beinhalteten und mit dem Spen in den kommenden Jahren sehr eng zusammenarbeiten sollte. Gordon, der Spen in diesem Freizeitprojekt unterstützte, erinnert sich, daß Spen seinerzeit ein Gipsbein hatte - Ergebnis eines der beiden schweren Ski-Unfälle - aber dennoch selbst Auto fuhr, wobei er das Gas mit Hilfe eines Kordelzugs betätigte.
 
Ergebnis dieser Feierabendbeschäftigung war der Rover T3, ein 2- bis 3-sitziges Glasfiber-Coupé, das 1956 anläßlich der Motor-Show in London vorgestellt wurde. Wie der Jet 1 hatte er eine im Heck untergebrachte Gasturbine, aber er hatte auch einen Vierradantrieb, den man heute als außergewöhnlich ansehen muß. Er bestand aus gewöhnlichen Differntialen vorne und hinten, hatte aber kein Zentraldifferential. Einer Konstruktion folgend, die man schon in der frühen Land-Rover-Entwicklung getestet hatte, wurden die Hinterräder direkt angetrieben und die Vorderräder über einen Freilauf, der es erlaubte, daß sich die Vorderräder in engen Kurven schneller drehen konnten als die Hinterräder und somit eine insgesamt ausgezeichnete Kombination aus Traktion und Handling boten. Doch das System hatte auch seine Nachteile und wurde bei Rover später nicht mehr eingesetzt.
 
Ein anderes wichtiges Detail des T3 Gasturbinenwagens war die de Dion-Hinterradaufhängung, ähnlich der des Rover Special Rennwagens, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: das de Dion-Achsrohr selbst war mit einem Schiebeelement ausgestattet, um die Winkelverschiebungen der Antriebselemente zu kompensieren. Dieses Prinzip sollte später eines der Hauptelemente beim Entwurf des erfolgreichsten Wagens von Rover, des Rover 2000, werden.
 
Ein weiteres Hauptelement in der Entwicklung des Rover 2000 entsprang dem Glauben der Gebrüder Wilks an die Zukunft eines von einer vorn eingebauten Gasturbine getriebenen Familienautos. Ein solcher Wagen würde ein besonderes vorderes Federungssystem benötigen, damit genügend Raum für die platzfressende Turbine bliebe. So arbeiteten Spen King und Gordon Bashford eng zusammen, um die einzigartige "Druck-und-Zug"-Version einer Vorderradaufhängung mit horizontal liegender Spiralfeder zu entwickeln, die die Baubreite der Aufhängung auf ein Minimum beschränkte. Die Arbeit ging dann mit der Entwicklung des Rover T4 weiter, einer turbinengetriebenen Limousine die auch auf die angepaßte Version der bereits entwickelten de Dion - Hinterachse setzte.
 
Doch die Kosten und die technischen Probleme, die die Gasturbine aufwarf, schien man nicht in den Griff bekommen zu können. So sah man den T4 mehr und mehr als Basis für einen kleineren, leichteren billigeren und konventionell angetriebenen Wagen an, den die Rover - Direktoren als Ersatz für die "Auntie"-Baureihe erwarteten. So wurde Spen King aus der Turbinenentwicklung herausgenommen und 1959 als "Chefingenieur für neue Fahrzeugprojekte" damit beauftragt, aus dem T4 einen Serienwagen mit konventionellem Antrieb zu entwickeln.
 
Das Ergebnis war der 1963 eingeführte Rover 2000, der voller Innovationen steckte. Abgesehen von seiner "Push-and-Pull" - Vorderradaufhängung und seiner "Brennraum-im-Kolben"-sohc-Maschine war er einer der ersten Wagen überhaupt, die nach Sicherheitsaspekten konstruiert waren und auch einer der ersten, die speziell für die Verwendung von Gürtelreifen geplant waren. Bemerkenswert war auch seine Konstruktion mit einer Basiskarosserie, die einer Monocoque-Bauweise ähnlich ist, jedoch mit nichttragenden äußeren Karosserieelementen versehen ist.
 
(Anmerkung: Die oben angegebene Reihenfolge der Entwicklung von Rover 2000 und T4 stimmt so nicht. Hauptsächlich wurde der Rover 2000 entwickelt, der T4 war nur ein "Nebengleis" und entstand relativ spät in der Entwicklungskette.)
 
Knapp drei Jahre nach der Einführung des Rover 2000 wurde über die Entwicklung eines völlig abweichenden Wagens nachgedacht. War Rover in der Lage, einen kleinen, releativ preiswerten Sportwagen bauen, der auf der Basis vorhandener Komponenten und unter Einsatz des kürzlich von Buick übernommenen Leichtmetall-V8 mit dem Triumph TR konkurrieren konnte?
 
Eine Studie über aktuelle Rennwagen erbrachte, daß ein solcher Sportwagen als Mittelmotorwagen ausgelegt sein sollte. Da das Projekt nicht als dringlich eingestuft war, begannen Spen King und Gordon Bashford damit, in einer stillen Ecke der Firma alle Teile, die verwendbar schienen, zusammenzutragen. So entwickelten sie das entscheidende Kraftübertragungskonzept, das letztlich auch übernommen wurde. Die V8-Maschine, leicht nach rechts versetzt, zeigte in Fahrtrichtung und trieb per Kettenantrieb ein modifiziertes Getriebe des Rover 2000 an, das nach hinten gerichtet über ein Differential die Hinterachse antrieb. Diese stammte ebenfalls vom Rover 2000 und war, wie bekannt, als de Dion-Achse ausgelegt. Da die Formgebungsabteilung zu beschäftigt war, wurden Chassis und Karosserie von Spen und Gordon selbst entworfen, wobei Ingenieure der kurz zuvor aufgekauften Alvis-Werke Hilfestellung gaben (einer davon war Mike Dunn, der jetzt Chefingenieur von Rolls-Royce ist).
 
Das Ergebnis war nicht nur bemerkenswert leicht zu handhaben für einen Wagen, der so schnell entwickelt worden war, er vermied auch die typischen Nachteile von Mittelmotorwagen. Er bot eine ausgezeichnete Rundumsicht, hatte angemessen großen Kofferraum und konnte drei Personen aufnehmen, nicht nur zwei. Mit minimalem Entwicklungsaufwand hätte er einen herausragenden Sportwagen der oberen Leistungsgruppe abgegeben für die gerade formierte Leyland Gruppe. Doch er stand anderen, ähnlichen Projekten wie dem Triumph Stag und dem Jaguar XJS gegenüber. Und obwohl der Rover P6BS 1968 exclusiv von der Fachzeitschrift "Motor" beschrieben und getestet wurde, ging er nie in Produktion.
 
Etwa zur gleichen Zeit war Spen King in die Entwicklung eines Wagens eingebunden, der nicht nur in Serie ging, sondern einen ganz neuen Markt kreierte. Seine Existenz verdankte er Marktuntersuchungen, die außerhalb des Hauses Rover von Graham Bannock - Autor eines Buches mit Titel "Juggernauts", das sich mit Autos der "Small-is-Beautiful"-Klasse befaßt - durchgeführt wurden und ergaben, daß es einen großen Markt für allradgetriebene Freizeitwagen in den USA gäbe. Spen war der Ansicht, daß diese Anforderungen - für einen Wagen, der sowohl auf der Straße als auch im Gelände komfortabel sei - am besten durch die Verbindung eines Automobilfahrgestells mit einem Offroad-Wagen zu befriedigen seien.
"Ich erkannte, daß eine moderne Aufhängung, besonders bezüglich des Federwegs und der Radführung, sehr gut für Geländefahrten geeignet sein müsse." Das Ergebnis war letztlich der Range Rover, der zeigte, daß Starrachsen, bei tadelloser Führung, großzügigem Bewegungsraum und mit weichen Spiralfedern unerwartete Vorteile haben können.
 
Doch sehr sorgfältige Auslegung und Entwicklung war vonnöten, insbesondere bei der Vorderradaufhängung einschließlich einiger unscheinbarer Dinge, die alle zusammen einen wichtigen Teil zum wunderbaren Handling des Range Rover beitragen. Um nicht allzu weit in den Motorraum zu bauen, beispielsweise, wurde ein genial konstruierte Doppelanlenkung der vorderen Starrachse entwickelt, die das Eintauchen beim Bremsen und die Reaktionen auf das enorme Drehmoment der Maschine aufnehmen konnte und gleichzeitig gute Achsführung bot. Die laterale Führung erfolgt über einen Panhard-Stab, der die gleiche Länge hat wie die Lenkhebel und parallel zu diesen angebracht ist. So werden Lenkstöße weitestgehend vermieden.
 
Spen's nächste Aufgabe war es, über einen Ersatz für die P6-Baureihe (2000, 2200 und 3500) nachzudenken. Einer seiner ersten Schritte war die Entwicklung einer modifizierten de Dion-Hinterachse, in die zahlreiche Änderungen einflossen. Da verschränkungsfreie Gelenkwellen variabler Länge mittlerweile in verläßlicher Qualität und preiswert erhältlich waren entfielen die Antriebswellen gleicher Länge. Die Entwicklung sah ein de Dion-Rohr mit integriertem Drehstab vor dem Differential unter der Kardanwelle vor, das lange gebogene Enden hatte und zu den Rädern führte. Diese neue Auslegung ragte nicht, wie beim Rover 2000, in den Kofferraum hinein und sein Zentrum war über ein Kugelgelenk zentral gelagert, womit laterale Bewegungen ausgeschlossen wurden. Gleichzeitig kontrollierten zwei Achsarme Längsbewegungen. Den guten Erfahrungen im Range Rover folgend sollte eine zentrale hydraulische Hochdruckeinheit, per Hebel vom Zentralgelenk betätigt, als selbsttätige Niveauregulierung wirken.
 
Diese Radaufhängung wurde von einem anderen Wagen übernommen, der nie in Serie ging: dem Rover P8. Er war keine Spen King - Entwicklung, da dessen hauptsächliche Entwicklung stattfand, nachdem Spen 1968 die Firma verlassen hatte, um Chefingenieur bei Standard Triumph zu werden - ein Jahr nachdem Rover von der Leyland Group übernommen worden war.
Der P8 wurde größer als ursprünglich geplant: "Er wurde zu etwas größerem und schwererem aufgeblasen, als ich dies für richtig hielt," sagt er. Die zunehmende Größe war beabsichtigt, nachdem er als Prestige-Limousine vorgesehen war, der als Mercedes - Rivale auftreten und Prestige und Geldbesitz verkörpern sollte. Aber firmeninterne Konkurrenz - zum Beispiel vom Jaguar XJ 12 - und der Mangel an Ressourcen zerstörten alle Überlegungen, die hinter dem P8 standen; das Modell wurde 1971 gekippt, obwohl schon Preßwerkzeuge beschafft waren.
Aus den Resten dieses Debakels entstand dann der wesentlich einfachere, kleinere und leichtere Starrachser RT1, der hauptsächlich von Gordon Bashford entwicklet wurde, und der als Vorläufer des SD1 gilt.
 
Unglücklicherweise fiel Spens Weggang von Rover mit dem Beginn einer der desaströsesten Perioden der britischen Automobilindustrie zusammen, die jemals stattfanden. Es war eine Periode, in der ständig die Firmenpolitik geändert wurde, enorme Probleme mit den Gewerkschaften durchzustehen waren und wahnwitziges Mißmanagement herrschte.
 
Von dem Augenblick an, als die Leyland Motor Corporation, Inhaber der Marken Standard und Triumph sowie Rover, die British Motor Holdings, zu denen Jaguar, Austin und Morris gehörten, übernahm, begann ein Niedergang ohnegleichen, von dem sich die Gruppe, selbst 20 Jahre später, noch nicht erholt hat.
Der Ryder Report kam und ging, die Qualität ging in den Keller, die Verluste stiegen in schwindelerregende Höhen und die Marktanteile schwanden, bis Michael Edwardes die Gewerkschaften in die Schranken wies und den Anschein von Ordnung zurückholte. Die Änderungen der Positionsbezeichnungen von Spen King zwischen 1971 und 1976 spiegeln die ständigen Veränderungen und Umgruppierungen innerhalb der Gruppe deutlich wider: Chefingenieur von Rover und Triumph; Produktentwicklungsdirektor bei British Leyland Cars; Direktor für Ingenieurwesen und Entwicklung bei British Leyland Cars; Direktor Ingenieurwesen und Produkte bei BL Cars........
"Die Firmenpolitik war schlicht nicht so, wie sie hätte sein sollen," erinnert sich Spen. "Ich war mir dessen verzweifelt bewußt und versuchte, dagegen anzugehen. Die Firma hätte wie General Motors in den frühen Zeiten geführt werden sollen: als Firmenverbund mit einer zentralen Produktplanung, die klar anweist: 'Ihr baut diesen Wagen, Ihr baut jenen Wagen', und so weiter."
 
Stattdessen gab es zahllose politische Intrigen und viele zermürbende interne Konkurrenzkämpfe. Es hätte beispielsweise Sinn gemacht, die unzuverlässige V8-Maschine von Triumph zugunsten der wesentlich besseren V8-Maschine von Rover fallen zu lassen, doch die Triumph-Lobby argumentierte, der Rover-Motor würde nicht in den Motorraum des Stag passen. "Ich glaube nicht, daß sie es ernsthaft versucht haben", meint Spen.
Er leht es ab, im Detail die Personalentscheidungen und politischen Einflußnahmen dieser chaotischen Peride zu kommentieren. Das äußerste, was es uns klar machen will, ist, daß er weder für die Gestaltung des Allegro noch der Princess verantwortlich war. Und er fügt hinzu, daß er den Allegro als "ein ganz schlimmes Auto - einen Schritt zurück hinter den vorangegangenen 1100" empfindet. Er macht ebenfalls geltend, daß er "insgesamt, wenn ich die Verantwortung für ein Modell übernehme, auch sicher sein muß, daß ich frei schalten kann". Um dies zu unterstreichen, verweist er auf die Änderungen, die er am SD1 (Rover 3500) durchsetzen konnte, einschließlich der MacPherson Federbeine (besseres Rückfeder-Verhalten, mehr Raum für Katalysatoren) und am Metro, dem er einen größeren Federweg und die Montage des Lenkgetriebes am Hilfsrahmen statt am Chassis (erhöhte Lenkstabilität, besserer Geradeauslauf) verschaffte.
 
Diese schwierige Periode endete um 1979, nachdem Spen King Deputy Director von BL Technology Ltd wurde. Diese Position befreite ihn von administrativen Tätigkeiten und stellte ihn frei für die Konzentration auf kreative Entwicklungsarbeit, in der er brillieren konnte. Zunächst arbeitete er in Solihull, später in einem eigens errichteten Forschungs- und Entwicklungszentrum in Gaydon. Die hauptsächlichen Früchte seiner Arbeit waren eine Reihe von ECVs (Energy Conservation Vehicles = Energiesparfahrzeugen). Der erste Wagen, der ECV1, wurde als erstes Versuchsmodell der Öffentlichkeit nicht gezeigt. Aber der zweite, ECV2, war ein auf dem Metro basierender Experimentalwagen mit einem cw-Wert von 0,35 und außergewöhlich niedrigem Benzinverbrauch.
 
Der Höhepunkt des Experimentalprogramms war der ECV3, der 1982 gezeigt wurde. Dies war ein völlig neu entwickeltes und mit vielen Innovationen versehenes Fahrzeug, bei dem nur wenige Teile von existierenden Wagen verwendet wurden. Die überraschende Kombination aus Leistung und Ökonomie (Spitze 115 mph / 185 km/h, Durchschnittsverbrauch 60 mpg / 4,7 ltr/100 km) beruhte auf drei Komponenten: einem hocheffizienten Dreizylinder-Vierventiler-Motor, einem sensationell niedrigen cw-Wert und einem außergewöhnlich niederen Gesamtgewicht. Das geringe Gewicht beruhte nicht zuletzt auf einer Rückkehr zum Issigonis-Prinzip, möglichst große Innenräume in möglichst kleine Außenabmessungen zu bringen. Natürlich war die Verwendung eines Rahmens und einer Karosserie aus geklebten Aluminiumblechen mit Kunstoffverkleidungen mindestens ebenso wichtig.
Die Grundstruktur war eine Gemeinschaftsentwicklung mit Alcan. Sie beruhte auf einem preiswerten, aber dauerhaften Klebeprozess für Aluminium. Dabei werden vorgeformte Aluminiumteile mit Klebstoff beschichtet, mit geringer Punktzahl stabil verbunden und dann etwa 30 Minuten lang bei 180°C verbacken. Die resultierende Struktur ist 30 bis 50 % leichter als ein vergleichbarer Stahlrahmen gleicher Steifigkeit, gleichen Crashverhaltens und Ermüdungsresistenz. Dazu kommt die Korrossionsfreiheit, wenn die richtige Aluminiumart verwendet wird.
"Es hält praktisch ewig, da gibt es keinen Vergleich", sagt Spen. Er ist davon überzeugt, daß Aluminium das Material der Zukunft für Grundkarosserien ist, weil "wer einen guten Wagen bauen will, muß ständig daran arbeiten, ihn leicht zu machen, das versichere ich Ihnen." Er geht davon aus, daß der Jaguar 220 der erste Wagen sein wird, bei dem Aluminium als Basismaterial zum Einsatz kommt.
 
Nach seiner Pensionierung bei BL Technology (später Gaydon Technology) vor drei Jahren entschloß sich Spen King, weiterhin als Berater bei Alcan an Aluminium-Strukturen für Automobile zu arbeiten. So mag sein Einfluß auf die Wagen, die Sie und ich fahren werden, bis weit ins nächste Jahrzehnt reichen.
 
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